Aktuelles
Artikel aus dem Gemeindebrief der Apostelkirche Weilheim:
Ein freundlicher Ort
Das Evangelische Gemeindehaus in Huglfing
Tropfen für Tropfen wächst die Eis-Muschel-Schale hinter dem evangelischen Gemeindehaus in Huglfing aus dem Oberflächenwasser des Gebäudes. Es ist Dezember und alles in glitzernden Schnee getaucht. Gunter Kirsch und Martin Herzog legen einen kleinen Pfad durch den Schnee zum Haus frei. Wir laden Sie ein zu lesen, was bisher dort geschehen ist.
Die stetig wachsende Eis-Muschel-Schale ist ein schönes Sinnbild für die Veränderungen im Gebäudeinneren.
Durch jede Menge ehrenamtliche Arbeitsstunden lädt das in die Jahre gekommene Gebäude ein, zu einem nutzungsfreundlichen Ort zu werden. Wer nach den Gottesdiensten in Huglfing die Gelegenheit hatte, während des von Irene Beige regelmäßig vorbereiteten Kirchenkaffees einen Blick ins Untergeschoss zu werfen, wird verstehen, welche Arbeit dort geleistet wurde.
Der Beginn war eine intensive Zeit des Planens und Entrümpelns. Während das Entsorgen der alten Nachtspeicheröfen kompliziert und kostspielig war, wurde eine dort reparaturbedürftige, untergestellte Orgel von der Orgelbaufirma Schmid aus Kaufbeuren sorgsam auseinandergenommen und abgeholt. Zeitgleich konnte der Altar mit vielen tatkräftigen Händen vorsichtig abgebaut und im Brautraum der Apostelkirche aufgestellt werden. Der Altar stammt aus der Bauzeit der Apostelkirche Weilheim und war bis zum Umbau 1963 dort in der Apsis verortet.
Mit der alten Küche wurde auch eine Trennwand im Untergeschoss herausgenommen, sowie die Holzvertäfelung und der Bodenbelag entfernt. Um dem Raum mehr Licht und Weite zu geben, war die Entscheidung, einen Durchbruch für eine bodentiefe Fenstertüre an der Nordseite zu schaffen, optimal. Die Nordwand des Untergeschossraumes wurde gedämmt, die Wände gespachtelt und der ganze Raum bekam einen hellen, weißen Anstrich. Aus den Hölzern der Wandvertäfelung konnte unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit von Gunter Kirsch und Felix Herzog ein perfektes großräumiges Regal im Untergeschosslager gebaut werden, das sorgsam sortiert das Arbeitswerkzeug und -material beherbergt.
Da auch die Elektroinstallation des Gebäudes nicht mehr den zeitgemäßen Vorschriften entsprach, wurde die Firma Egner in Huglfing für diese Arbeiten beauftragt. Die akribische Suche nach den alten Elektro-Kabelkanälen und dazugehörigen Anschlüssen und das Verlegen neuer Kabel stemmten Lennart Süberkrüb und Martin Herzog.
Helfende Hände haben die Nasszellen intensiv gereinigt und Josef Hartl, mit Geschick für Sanitärinstallationen, hat dort ein hilfreiches Ausgussbecken angebracht. Um dem Untergeschossraum etwas Wärme spenden zu können, wurden zwei Infrarotheizflächen installiert.
Etwas überraschend kamen dann größere Ausgaben für die Erneuerung des Abwasserbehälters der Kleinkläranlage, der leider nicht mehr geflickt werden konnte. Kurz vor Weihnachten wurde mit schwerem Gerät der Boden vor dem Gebäude ausgehoben und der Behälter ausgetauscht. So viele anpackende Helfer, die hier nicht alle namentlich erwähnt sind, haben zu den Reinigungsund Instandsetzungsarbeiten in und um das Gebäude herum beigetragen. Auch die Außenanlagen mit großem altem Baumbestand wurden rund um das Gemeindehaus so beschnitten, dass Astbruch vom Gebäude ferngehalten werden kann. Während der Arbeitstreffen kam es zu interessantem und fröhlichem Austausch untereinander und gemeinsame Mahlzeiten konnten sogar im Winter in der Sonne vor dem Gebäude genossen werden. Irene Beige und Martina Rabenseifer haben dafür gesorgt, dass die Mitarbeitenden nicht ohne eine warme Mahlzeit auskommen mussten. Mit den nächsten anstehenden Arbeiten ist
noch etwas Planung von Nöten. mI Untergeschoss wird als nächstes der Boden verlegt und eine Küche eingebaut, die es bisher nur in einem Entwurf gibt. Auf der Suche in den Kleinanzeigen nach einer gebrauchten, stabilen und soliden Küche wurden noch nicht die notwendigen Elemente gefunden. Obwohl es noch viele Helfer, Arbeitseinsätze und Spenden braucht, damit das Gemeindehaus wieder richtig zum Einsatz kommen kann, ist es jetzt schon ein freundlicher Ort, der Lust macht, Ideen zu entwickeln, das Gebäude mit Aktionen zu beleben.
von Dörte Süberkrüb
Neues Leben für ein altes Haus
Kirchenvorstand und Architekt Gunter Kirsch will Huglfinger Gemeindezentrum erhalten
Über die Ortsbesichtigung vom 15. Januar 2022 heißt es: „Dies ist ein (letzter) Versuch dem Gemeindehaus zu neuem Leben zu verhelfen.“ Protokollant war Gunter Kirsch. Der Weilheimer kümmert sich zusammen mit Irene Beige und Martin Herzog (beide wurden an dieser Stelle in anderen Funktionen bereits vorgestellt) um die Zukunft des Huglfinger Gemeindezentrums. Die Ausgangslage: Eine Generalsanierung ist unwirtschaftlich und nicht finanzierbar. Eine Neubebauung und/oder Nutzungsänderung ist derzeit nicht möglich. Die drei Kirchenvorstände haben deshalb seit Herbst 2021 bei mehreren Treffen mit Interessierten ein Nutzungskonzept für das Gebäude, das der Kirchengemeinde gehört, erarbeitet. Die Alternative wäre der Verkauf – wie es die Landeskirche empfiehlt.
Doch Architekt Kirsch ist guter Dinge, dass es dazu nicht kommen muss. Aus dem Gemeindehaus, das derzeit in erster Linie für die regelmäßigen Außengottesdienste genutzt wird, soll ein „Zentrum für sozialökologische Transformation“ werden. Das ergab sich aus den Diskussionen in den zahlreichen Sitzungen. Mit diesem Konzept, so sehen es die Initiatoren, sollte es möglich sein, „das Haus wieder zu beleben und sein vorhandenes Potenzial für das Gemeinwohl zugänglich und nutzbar zu machen“. Das Haus soll katholischen und evangelischen Religionsgemeinschaften, NGOs wie Fridays for Future, Flüchtlingshelferkreisen und Agenda 21, politischen Gremien von Gemeinden sowie Vereinen etwa für Events, Workshops, Tagungen oder Meetings offen stehen. Das Projekt „WirkWerk“ des Evangelischen Bildungswerks Weilheim hat bereits Interesse angemeldet, um dort Veranstaltungen zu organisieren. Aber auch eine Vermietung an Privatpersonen soll möglich sein.
Dass Kirsch, der auch Vertrauensmann des Kirchenvorstands ist, sich nicht nur für Huglfing, sondern in der Apostelkirche generell sehr engagiert, hängt auch mit einem Satz seines verstorbenen Schwiegervaters Jörg von Hayek zusammen: „Frage nicht, was die Kirche für Dich tun kann, sondern frage, was Du für die Kirche tun kannst.“ Das, so erzählt der eigentlich kirchenfern aufgewachsene Soldatensohn aus Kassel, „hat mir zu denken gegeben“. Und bei seinen drei Kindern, die alle in Weilheim aufgewachsen sind, habe er dann gesehen, „welche wichtige Rolle die Kirche spielt“. Seine Rolle in dem Gremium für das Huglfinger Haus sieht Kirsch darin, „die Kreativität anzustoßen, aber zu bremsen, wenn etwas nicht geht“. Und was baurechtlich geht und was nicht, weiß der 54-Jährige nur zu gut: Er arbeitet im Landratsamt in der Abteilung Hochbau und tritt bei Bauten der Kreisbehörde als Bauherr auf. Er kennt sich also mit Vorschriften, Regelwerken und Bestimmungen bestens aus.
Vor kurzem ist die Revitalisierung des Huglfinger Hauses, das früher mal die Turnhalle eines Erholungsdomizils des Müttergenesungswerks war, in die zweite Phase getreten. Das Untergeschoss (Küchen- und Sanitärbereich sowie Garderobe) wurde ausgemistet, aber nur wenig weggeworfen: Vieles ist bei Ebay und auf einem Flohmarkt verkauft worden. Jetzt sollen unter anderem die Wände gedämmt werden, der Holzfußboden überholt und die Küche neu eingerichtet werden. Alles „sparsam, bescheiden und mit viel ehrenamtlichem und gemeinschaftsbildendem Engagement“, so Kirsch.
Das Konzept wird jetzt den Zielgruppen kommuniziert und sie werden zur Teilnahme an den kommenden Aktionstagen zu den Renovierungsarbeiten eingeladen: „An der Resonanz können wir auch sehen, ob das Konzept aufgehen kann.“ Das gemeinsame Arbeiten schafft, so Kirsch, „die Möglichkeit, Menschen für die Kirchengemeinde zu gewinnen, es stärkt die Ökumene und den Zusammenhalt mit den politischen Gemeinden und Vereinen“. Und das Gemeinschaftserlebnis bleibt – selbst wenn der „letzte Versuch“ fehlschlagen und aus dem „Zentrum für sozial-ökologische Transformation“ doch nichts werden sollte.
von Ralf Scharnitzky